„Unsere Jugend wird dahin sein wie der Rauch aus dem Schornstein“

Aus der lauthals skandierten ersten Zeile des zweiten Bilderbuch-Albums  sprechen ein kleines bisschen Weisheit und ein großer Bissen Thema, denn „Die Pest im Piemont“ widmet sich der Ambivalenz des Erwachsenwerdens.

Die Härte im Titel ist nur eines der Spiegelbilder, das sich in diesem zweischneidigen Schwert zeigt. Zum einen der Blick zurück auf eine Zeit, der man sich sprichwörtlich entwachsen fühlt. Auf der anderen Seite bereits erste Anzeichen von Nostalgie und Sehnsucht danach.

Maurice Ernst (voc/git), Peter Horazdovsky (b), Michael Krammer (git) und Andreas Födinger (dr) haben – eher aus einem verspielten Zufall heraus – in Italien reichlich metaphorische Unterlagen für ihren Zweitling gefunden. So steht „Jesolo“ symbolisch für ein Elternverhältnis, dass von wenigen Gemeinsamkeiten außer dem heiligen Familienurlaub am heißgeliebten Mittelmeer zu erzählen weiß.

Man muss mitunter zweimal hinhören, um Maurice Ernsts hinterlistige Wort- und Sinnspiele zu durchschauen. Darf man als spontanes Allgemeinwissen voraussetzen, dass ein „Venezianischer Spiegel“ ein halbdurchlässiger ist (und damit den Text selbigen Stücks in ein ganz anderes Licht rückt)? Oder dass „La voce della luna“ nach einem Fellini-Film mit Roberto Benigni benannt ist?

Die ausgewiesenen Kunstfreunde spielen gerne mit dem Publikum und fordern es (bei allen unterstellten wie bewiesenen Mitsingqualitäten) noch lieber heraus – im Grunde etwas, das die thematisierte Gespaltenheit nur umso mehr auf den Punkt bringt. Da dürfen dann auch schon mal Soundexperimente Marke späte 70er, frühe 80er durchklingen. Da sind textlich wie musikalisch psychedelisch-hypnotischen Elemente nicht von der Hand zu weisen – wo sich wieder der Bogen zum Surrealismus schließen lässt, für den Bilderbuch schon beim ersten Album eine gewisse Vorliebe erkennen ließen.

In Frequenzen gegossen haben das alles wie schon beim Debüt Zebo Adam und Alex Tomann. Ihr für hiesige Verhältnisse ungewöhnlicher Zugang zum Produzieren hat die Band hörbar mitgeformt und geprägt. „Nelken & Schillinge“ (2009) katapultierte die Band immerhin binnen 18 Monaten vom oberösterreichischen Kremstal in praktisch jeden noch so versteckten Winkel mit bespielbarer Konzertbühne bis auf die größten Festivalbühnen des Landes. Die Nachfrage nach der Band stieg in diesem Zeitraum in geradezu unheimlichem Tempo.

Angesichts dessen wurde die zunächst leger für Herbst 2010 anberaumte Studiozeit recht schnell knapp. Den Raum für Experimente ließen sich Band und Produzentenduo dabei aber nicht nehmen – im Gegenteil: Vielmehr entstand das Gefühl, dieses verdichtete Zeit-Raum-Gefüge bietet erstaunliche Gelegenheiten, wie das in einer nächtlichen Jamsession entstandene „Lambrusco“ zeigt.

Nur konsequent ist übrigens, dass Fotos und Artwork mit einem italienischen Fotografen (dem in Wien lebenden Christian Pitschl) umgesetzt wurden. Und das natürlich bei einer spontan ausgeschnapsten Fahrt an den Gardasee.

 

 

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