Das Leben ist hart doch ich bin Hertha! Unter diesem Motto also drei Buchempfehlungen:
Denis Johnson – In der Hölle
ISBN 978-3-932170-90-4, Tropen Verlag
Denis Johnson kam mir das erstem mal unter die Brille mit seinem Buch „Jesus´ Sohn“. Kurze, unglaubliche Prosa aus den unteren sozialen Schichten Amerikas. Und weil das wirklich reinging und nicht mehr so schnell raus aus dem Kopf, musste Nachschub her von diesem Mann.
Im Buch „In der Hölle“ beschreibt er in drei Geschichten seine Erlebnisse in Afrika. Zweimal in Liberia und einmal in Somalia macht er sich, gesponsert von amerikanischen Zeitungen, auf den Weg um dieses oder jenes Interview zu führen oder von sonst etwas zu berichten. Nur scheint das in Afrika alles anders als einfach zu sein.
„Sie stehlen einem die Zeit!“, sagt einmal ein Begleiter Johnsons. Und das stimmt. Immer wieder wird in diesem Buch gewartet. Worauf weiß niemand so recht. Auf die nächste Bombe, den nächsten Tropfen Benzin oder einfach nur auf das nächste Warten.
Anscheinend ist es in Frage so, dass eine Stunde nie als wirkliche Zeitangabe verstanden werden darf. Eine Stunde kann alles bedeuten; zwei Stunden, einen Tag, zwei Wochen.
Aber immer wieder wird der amerikanische Journalist beruhigt: „Alles ist arrangiert!“ Aber in Wahrheit ist nichts arrangiert.
Liest sich die erste Geschichte noch tatsächlich wie ein Bericht aus Liberia, so kommt in der letzten Geschichte doch noch der hervorragende Literat Johnson durch.
Und entschuldigung: Wo liegt Liberia?
Wenedikt Jerofejew – Aufzeichnung eines Psychopathen
ISBN 3-932170-63-6, Tropen Verlag
Im Jahr 1990 starb Wenedikt Jerofejew an Kehkopfkrebs. Irgendwann kurz vorher wurde er gefragt, wann er bewusst zu schreiben begann und er antwortete, dass sei im Jahr 1956 gewesen, als Erstsemester in Moskau. Und die Frage, ob diese Schriften noch erhalten sein konnte er bejahen. Jedoch bat er darum, diese erst nach seinem Tod zu veröffentlichen. So geschehen in der deutschen Übersetzung im Jahr 2001.
Die „Aufzeichnungen eines Psychopathen“ sind nichts anderes als seine Tagebücher vom 14. Oktober 1956 bis zum 16. November 1957. Und es fällt schwer zu beschreiben was da passiert. Deshalb ein paar ganz zufällige Leseproben.
Seite 14:
„7.-8. November
Äußerst amüsant.
Die fast fünfzehnminütige Betrachtung der soeben erbrochenen Kotze hat mich zwingend vor die heute doch recht aktuelle Frage gestellt:
Hat Kotze nationale Besonderheiten?…“
Seite 64:
„13. Februar
Die Jungfrau NÄCHTLICHE ROMANTIK dürstet danach, mich in ihre Arme zu nehmen.“
Seite 92:
„1. April
Komm! Her die Kohle! Halt – laß sein!
Ich sag dir doch – laß sein, du Arschloch! Blas den Brennofen an!
Wohin bläst du? Wieso bläst du? Was für ein Ofen? Warum Ofen? Wer redet von Ofen?
Hör auf zu blasen, du Blödmann! Komm her! Schlag mit dem Hammer! Halt – laß sein!
Kohle her! Blas den Brennofen an!“
Seite 133:
„25. Mai
Jerofejew, mit Ihnen nimmt es ein schlimmes Ende! Sie träumen bestimmt schon nachts, daß Ihnen in den Hinterkopf geschossen wird!“
Und wer das jetzt verwirrend und fad finden sollte, sollte erst einmal das großartige „Die Reise nach Petuschki“ lesen.
Max Dax / Robert Defcon – Nur was nicht ist, ist möglich
Die Geschichte der Einstürzenden Neubauten
ISBN 3-86543-287-5, Bosworth Edition
Wie wars also wirklich? Damals? Und wie ist es heute? Wirklich! Alle Fragen die man sich schon mal gestellt haben könnte, wenn das Z.N.S. keine Ruh´ gibt, werden hier beantwortet. Die Autoren haben die Band und so einige Leute mehr die was zum Thema Einstürzende Neubauten beitragen können einzeln interviewt und diese Interviews dann in dem 300 Seiten starken Buch zusammengetragen.
Interessant ist dabei die Heransgehenweise, denn die Einzelinterviews wurden so zusammengestellt, dass der Eindruck vermittelt werden soll, alle Befragten sitzen bei einem runden Tisch beisamen und rollen die Geschichte der Band auf.
Dabei gehts von den Anfängen in West-Berlin der Achtziger über das kurze Startum in Japan, den Ausstieg von FM Einheit und Mark Chung bis hin zum Projekt neubauten.org. Und da das Buch erst am Ende des letzten Jahres herausgekommen ist, ist auch noch aktuell.
Außerdem ist es toll illustriert und sehr schön im Hardcover gebunden. Macht also auch was her, wenn man es zufällig irgendwo herumliegen hat.
Absolute Empfehlung für alle die die Neubauten mögen oder einfach nur g´scheiter werden wollen.