Mattersburg ist nach einem 2:1-Sieg über den GAK derzeit Dritter der Tabelle der hiesigen höchsten Fußballspielklasse. Freut mich sehr, wundert mich aber auch immer wieder. Die Mannschaft hat Talente, coole Routiniers, eine „gesunde Mischung“, ist und bleibt aber eine „Dorftruppe“ im Vergleich zu traditionsreichen Teams aus den großen Städten. Doch Austria, Rapid, Sturm, GAK können derzeit nicht mit – und das ist für den Moment zwar schön, zeigt aber durchaus auch die prekäre Lage, in der der Fußball hierzulande steckt.

Mit Wagner, Schmidt oder Mörz spielen Kicker, die schon zu Regionalliga-Zeiten beim Verein spielten immer noch teils tragende Rollen. Letzterer hat sich sogar ins Nationalteam gespielt – spielt dort zwar zumeist Topfen, aber er spielt. Mit Kühbauer steht ein 35jähriger als „Legende“ im Mittelpunkt, der seinen Zenith natürlich schon überschritten haben sollte, aber immer noch das Glanzlicht in der Mannschaft – und eines der wenigen in der ganzen Liga – ist.

Ist diese Mannschaft also die Durchschnittstruppe, für die sie jeder hält, und steht „zufällig“ oben, oder ist einfach nicht Mattersburg so gut, sondern der Rest der Liga so schwach? Eine tiefergehende Frage.

Der moderne Fußball besticht durch Tempo und immer gewieftere taktische Spielzüge und Maßnahmen. In Österreich hinken wir dabei um Lichtjahre hinterher. Das sieht jeder Einäugige Schiribeschimpfer, wenn er im Vergleich Champions League – Bundesliga zum Sehenden werden darf.

Der auch vom genannten Martin Blumenau immer wieder gerne gescholtene Trainer Franz Lederer, um beim heimatlichen Beispiel zu bleiben, spielt im internationalen Vergleich geradezu steinzeitlichen Fußball – und vorsichtigen noch dazu. Aber es funktioniert erstaunlich gut und oft. Warum? Nun, meine These dazu ist die, dass das Niveau von Trainer und Spieler relativ ident sind – und für Österreich reicht das allemal, um eben wie derzeit so gut dazustehen. Traurig, aber wahr.

In Österreich wird Fußball im Wesentlichen von den Thesen Laufen und Kämpfen beherrscht. „Spielen“ ist/sei aufgrund der technischen Möglichkeiten nicht drinnen (Blödsinn!, siehe diverse U-soundso-Teams, die weitaus mehr spielen als ihre älteren Kollegen laufen/kämpfen). Und tiefergehende taktische Anweisungen merken/ kapieren unsere Spieler nicht (genau so ein Blödsinn…). Man rufe sich diesbezüglich die Verbalwatschen von Scharner und Pogatetz in Richtung Nationalteam in Erinnerung und nicke mit dem Kopf.

Lederer´s Vorgänger Mushin Ertugral hat eindrucksvoll bewiesen, das man auch aus – pardon – „durchschnittlichen“ Kickern einiges herausholen kann. Schönen, schnellen, gefälligen Kombinationsfußball in Mattersburg – das gab´s damals häufig zu sehen. Die Krux: Schön anzuschauen war das Spiel schon, erfolgreich war das aber insgesamt nicht. Ertugral musste nach 10 Spielen gehen – was ich immer noch bedaure. Er war ein moderner, mutiger Trainer, der mir Spaß machte. Und doch war die Entscheidung damals richtig: Lederer hatte bei ihm und seinen Vorgängern wie Werner Gregoritsch „gelernt“, und hat sich das gewisse „Maß“ an intelligentem Spielsystem herausgepickt, sie mit dem leicht zu verstehenden Usus-System der Bundesliga (4-4-2 oder 3-5-2 ohne allzu viele weitere Zwecke) kombiniert und Ergebnisfußball á la SVM erfunden. Er ist der aktuell „dienstälteste“ Trainer der Bundesliga.

Natürlich hat das Team trotzdem oder gerade deswegen Schwächen. Heute, gegen den GAK, wurden einige davon wieder offensichtlich. Die Defensive, seit jeher das Sorgenkind des SVM, ist eklatant unterbesetzt. Das Fehlen von Rataczyk als Abräumer wirkt sich fatal aus.

Die zunächst praktizierte Viererkette wird nach nur fünfzehn Minuten und drei mißlungenen Abseitsfallen auf das bewährte 3+1 umgestellt. Sedloski als langsamer, aber beruhigender Pol im libero-ähnlichen Posten in der Zentrale. Mehr vor als neben ihm Patocka, dessen Größe und damit verbunden Kopfballstärke durch den quasi verlorenen Innenverteidigerposten nicht zur Geltung kommen kann. Hinten rechts ein völlig überforderter Adnan Mravac, der den tödlichen Paß perfekt beherrscht. Allerdings spielt er ihn meist zum Torhüter, der dann ganz schön oft blöd drein schaut.

Davor, das +1, spielt Miroslav Holenak. Er spielt das defensive Backup des Fünfermittelfeldes des SVM. Warum man für ihn Marek Kausich gehen ließ, bleibt mir immer noch ein Rätsel. Holenak spielt unauffällig und feige, sucht stets den einfachen Paß, hat einen minimalen Aktionsradius und versteht die ihm zugedachte Quarterback-Rolle ganz und gar nicht. Ich hab in der gesamten Saison noch keinen konstruktiven oder öffnenen Pass von ihm gesehen – er spielt praktisch immer quer – zudem sind seine Defensiv-Erfolge eher bescheiden. Kühbauer freilich wird dafür wieder für eine Kreativrolle frei – zu Beginn seiner SVM-Zeit hat er die Holenak-Rolle gespielt – freilich anders als der Tscheche mit Bravour und Glorie. Seine bloße Anwesenheit hat dem Team heute, nach mehrwöchiger Verletzungspause des 10ers, Sicherheit gegeben.

Eine Sicherheit, die Michael Mörz offenbar in Vaduz liegen ließ. Die schlechteste Partie seit langem war ein Anschluß an die verheerende Leistung beim Länderspiel gegen Liechtenstein – der gute ist leider völlig außer Form.

Auch Christian Fuchs heute an der Außenbahn eine Enttäuschung – er war sichtlich müde, hatte im Gegensatz zu Mörz mit dem Schweiz-Spiel am Mittwoch ein Erfolgserlebnis und war angesichts seiner Leistung dort quasi „zurecht“ müde. Spät aber doch erlöste ihn Lederer mit einem Austausch.

„Der nächste Nationalspieler des SVM“, wie nicht nur mein Vater zu sagen pflegt, war dafür heute der beste Mann am Platz. Cem Atan, zunächst glücklicher Torschütze zum 1:0, war Chef am Rasen. Er forderte Bälle und verteilte sie, rackerte und ließ auf seiner Seite die GAK-Defensive ganz schön alt aussehen. Fuchs wie Atan spielen die einzig wirklich kräftefordernden und kreativ anspruchsvollen Rollen im SVM-Dress. Sie rochieren mitunter, sie können Freistöße wie Eckbälle treten; sie schalten sich mit kräfteraubenden Sprints immer wieder in die Offensive ein. Heute war Atan darin Meilen besser als der sonst sehr verlässliche Fuchs.

Im Angriff kann es sich Mattersburg leisten, den Stänkerer Naumoski stehen zu haben. Ein oberflächlich betrachtet sympathischer Dribblanski, der zu 90% im Abseits steht und völlig unberechenbar funktioniert. Mal zuckt er völlig aus, dann trifft er sechs Monate nicht, plötzlich schießt er zwei Tore in einem Spiel und kickt wie aus einem Guß. Momentan hat er die Sechs-Monate-Phase, in der es gar nicht läuft. Warum er trotzdem spielt… ein Rästel. Thomas Wagner ist halt ein braver Mitläufer wie Holenak, bei ihm kann mans riskieren – denkt sich wohl auch Lederer – hin und wieder hat er gute Tage und macht aus dem Nichts ein Tor. Man nennt das dann Torjägerqualität. Für das Spiel selbst tun beide nicht sonderlich viel, kämpfen und laufen, halt. Und auch da fällt Naumoski schwer ab.

Allesamt in der zweiten Halbzeit dann müde, verunsichert ob der roten Karte für den Gegner; regelrecht „vaduziös“, wie das mein Sitznachbar bezeichnete. Weil aber das Niveau – siehe oben – hierzulande ein bescheidenes ist, reicht es gegen den GAK zu einem 2:1-Sieg – und immer noch verdient. Die Grazer haben den Fehlpass zum Stilmittel erhoben und sind im Spielaufbau völlig desorganisiert. Und Atans Gegenüber Standfest ist mit Junuzovic der einzige Spieler, der überhaupt auffiel – außer Horvath mit seiner hirnrissigen roten Karte.

Nun ja…

Links