Harmonie existiert nicht. Und wenn sie das doch tut, dann nur temporär unter der Vorspiegelung falscher Tatsachen. Harmonie hiesse nämlich in einer wirklich sinngemäßen Übersetzung wertfrei. Und wertfrei zu sein ist maximal eine Wunschvorstellung, der absolut keiner von uns auch nur irgendwie gefährlich nahe kommen könnte. Was denkst du gerade? Du wertest, möchte ich wetten. Und Harmonie hiesse, du kommst ohne Wertung aus.

Harmonie, da steckt der Wortstamm von „einzeln“ drinnen. Und daraus ergibt sich schon fast von selber: Wo zwei sind, hört sich das auf. Harmonie in der Beziehung? Ein frommer Wunsch frisch verliebter pubertierender Teenager – und das nur vielleicht. Harmonie zwischen zwei „befreundeten“ Gruppen oder Unternehmen? Schließt schon das herrschende kapitalistische Wertesystem aus… lang lebe der unendliche Wettbewerb in allen Lebenslagen!

Harmonie ist tückisch, gemein und kann dein Weltbild verändern, wenn du erst einmal eingesehen hast, das sie nur ein Trick ist. Wenn selbst enge Freunde, die du glaubtest in- und auswendig zu kennen, dich zutiefst enttäuschen – und sei es aus banalen Gründen oder gar unbewusst – dann erkennst du, dass die als Freundschaft getarnte Harmonie nur allzu schnell endlich ist. Und das tut meistens verdammt weh. Denn letztendlich ist auch Freundschaft nur eine Bühne, auf der die Illusion Harmonie vorgeführt wird.

Wenn Personen, bei denen du den Beweis als erbracht ansahst, deine Menschenkenntnis wäre eine gute, dich boykottieren, betrügen oder hintergehen, dann bricht mitunter eine kleine Welt zusammen. Vor allem, wenn du Mut hast und dir selbst gegenüber zugibst und erkennst, dass du selbst es warst, der dieser fatalen Fehleinschätzung aufgesessen ist.

Diesen Schmerz der Enttäuschung hat wohl auch Fox Mulder mal gehabt, als er seinerzeit den Grundsatz „Vertraue Niemandem!“ geprägt hat. Ich habe über diesen Satz immer gelacht. Vertrauen – irgendwie die Basis jeder Umgangsform, jeder Arbeit, jeden Gesprächs, jeder Tat. Aber Fox Mulder lacht zuletzt – und damit am besten.

Harmonie ist ein Zustand, den sich Yoga-Lehrer und ein ganzer Haufen diversester Religionsanhänger wünschen, aber in Wirklichkeit doch nie erreichen. Wie schön, dass es so praktische Ausreden wie das nächste Leben oder jenes nach dem Tod, das Nirvana oder die himmlische Party für Selbstmordattentäter gibt. Hat sich schon mal jemand gefragt warum? Vielleicht weil die Menschen irgendwann doch begriffen haben, dass sie das, wonach sie sich so sehr sehnen, hier einfach nicht schaffen und nicht bringen. Und das ist was? Exakt: Harmonie!

28 Jahre und ein paar Monate habe ich gebraucht um das zu sehen. So lange liess ich mich täuschen und blenden, obwohl die Vernunft und ihre Verwandten immer wieder mal sanfte Signale geschickt haben und warnend geschrieen haben… So lange mochte ich glauben dass Harmonie wirklich existiert – oder zumindest möglich ist. Ein Irrtum. Und jetzt wo ich hier bin, bin ich sprichwörtlich desillusioniert. Welch dunkler Platz die Welt ohne diesen Glauben doch ist.

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