Rapper Mile und Produzent Flip hauchen dem Format »ein Rapper, ein Produzent« neues Leben ein und zeigen, dass die Arbeit nach diesem Credo oft auch die besten Ergebnisse bringt. Flip, ein Veteran unter Österreichs Produzenten, der sowohl von Boom-Bap-Puristen als auch von Street-Rap-Fans geschätzt wird, ist bereits seit den 1990er Jahren im Geschäft und wirkt bis heute in der renommierten österreichischen Rap-Crew TEXTA mit. Rapper Mile steht seit kurzem mit seinem Indie/ Rap-Band-Projekt SHARKTANK im Rampenlicht. Mit ihrem gemeinsamen Album „No Hard Feelings“ liefern die beiden ein zeitloses, aber dennoch modernes Werk ab, das zwischen HipHop, R&B, Soul und trippigen Elementen oszilliert und einem internationalen Vergleich absolut standhält.

Viele Hip-Hop-Alben weisen heutzutage einige typische Merkmale auf: Sie sind vollgepackt mit Features und meist finden sich zahlreiche Produzent*innen auf einem einzigen Track wieder. Dieser Fließband-orientierte, Algorithmus-servicierende Ansatz ist im Major-Label-Rap nur allzu vorhersehbar geworden. Währenddessen kocht die Independent-Szene weiter mit prägnanten und konsistenten Rap-Projekten, die sich eher an den traditionellen Konzepten des Musikschaffens orientieren. Auch Mile & Flip sind weniger daran interessiert, das System auszunutzen, als vielmehr die Straße mit handfester Hip-Hop Kultur zu versorgen. Mit dieser bewährten Machart und ihrem gemeinsamen Auftreten als klassisches Rap-MC-Duo á la Pete Rock & CL Smooth oder Gang Starr heben sie sich eindeutig von anderen, zeitgenössischen Acts des Genres im deutschsprachigen Raum ab.

Vor allem aber auch Miles englische Rap-Texte lassen das Projekt im heimischen Vergleich hervorstechen: die launischen Lyrics sind mal system-, mal selbstkritisch, handeln von harten Zeiten und echtem Schmerz, Missständen und Druck von außen (The People, Pressure), eigenen Unzulänglichkeiten, Unsicherheiten und Neid (Cruel Hearted, Somebody Else), vom Vatersein, Erwachsenwerden und der Liebe (Eyerings, Maybe Someday) – immer mit einer Prise Ironie versehen, wobei aber der Feel-Good-Flavor nie ganz verloren geht. Mile schildert bildhaft, was es heißt, als Person of Color in der steirischen Provinz aufzuwachsen, sich mit Stereotypen und Vorurteilen auseinanderzusetzen und dagegen ankämpfen zu müssen – ein Narrativ, das speziell im österreichischen Kontext noch kaum derart und in dieser musikalischen Qualität erzählt wurde.

Die gemeinsame Geschichte und die Collab der beiden Künstler ist ein Symbol für die Hip-Hop-Gemeinschaft, in der es keine Grenzen zwischen denjenigen gibt, die Musik für diese Kultur schaffen. Der erste Kontakt entstand, als der noch unbekannte Mile als Vor-Act bei einer Show der Rap-Crew Texta auftrat; Flip erkannte das Talent des Rappers und holte ihn bei seinem DJ-Set nochmal auf die Bühne. Der Kontakt zwischen den beiden blieb erhalten, bis zu ihrem ersten gemeinsamen Projekt sollten aber noch Jahre vergehen. Mile, der inzwischen mit mehreren Producern an einzelnen Songs gearbeitet hatte, hat nun für sein nächstes Projekt einen ausgewogeneren Ansatz im Kopf. Dafür kam für ihn nur ein Name infrage: Flip – der Produzent, den er schon seit seinen ersten Assoziationen mit der österreichischen Rap-Szene verfolgt und der ihm in der Vergangenheit, ohne zu zögern sofort die Hand reichte. Aus dem anfänglichen Hin- und Herschicken von Beats und Lyrics wurden persönliche Treffen in Linz, wo ein Großteil der Zusammenarbeit stattfand, Musik recorded und fast schon therapeutisch über HipHop und das Leben philosophiert wurde. Am Ende stand ein ganzes Album zu buche, das im Verlaufe eines Jahres entstand.

Tanzbare Beatrhythmiken, bestehend aus Samples, Beatschnipseln und selbst eingespielten Instrumenten, kombiniert mit Miles mühelos über Flips souligen Groove schwebender Stimme – das Projekt scheint einem täuschend einfachen Rezept zu entspringen, die musikalischen und thematischen Zutaten, die Mile und Flip dabei auf den Tisch bringen, erreichen in der Collab aber eine nahezu perfekte Mischung.

Mile & Flip veröffentlichen ihr Album »No Hard Feelings« am 30.09.2022 digital und auf Vinyl.

Schmusechor

Links